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1978-01-02
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4KB
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65 lines
[0m[0 p
WUT AUF DEN STAAT
¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯
(SPIEGEL-Titel 36/92)
Ich glaube, jeder hat soviel mitbekommen, daß er weiß, was in Rostock und
anderswo(!) passiert (ist). Eine neue Welle von politisch motivierten
Anschlägen auf Asylanten und Ausländerheime überrollt Deutschland...
Ich kann selber nicht glauben, daß so viele Menschen auf die primitive
Hetzparolen einiger rechter Parteien und Vereinigungen hereinfallen. Das ist
insofern bemerkenswert, da solche Parolen doch meist nur aus wenigen Punkten
("Ausländer raus!", "Deutschland den Deutschen!"), u.ä.) bestehen. Doch noch
erschreckender finde ich, daß in der Anfangszeit mehrere tausend Menschen und
sogar Anwohner(!) diesen ausländerfeindlichen Menschen Beifall geklatscht und
am nächsten Morgen das "Ergebnis" der letzten Nacht begutachtet haben. Noch
fürchteten sie noch nicht um ihr Eigentum... Als dann die ersten Trabbis
brannten und plötzlich das Nachbarhaus brannte, da wurden erst Gegenstimmen
laut, aber die meisten Anwohner hielten das sogar noch für richtig. Wo geho
belt wird, da fallen Späne.
Sogenannte "Molotow-Cocktails" sind bei solchen Aktionen sehr beliebt. Las
sen sich doch damit Häuser anzünden, Trabbis anstecken und sogar ganze Asy
lanten-Zeltlager niederfackeln...
Wer nun in welchem Maße für diese Ausschreitungenverantwortlich ist, muß
noch geklärt werden. Allerdings halte ich es für sehr unüberlegt, die Anlauf
stelle für Asylbewerber eines ganzen Landes in ein Wohnzentrum zu legen.
Erschreckend ist außerdem, daß nicht nur dort ansässige Skinheads bzw.
Rechtsradikale Krawall machen, sondern aus dem ganzen Bundesgebiet angereiste
kampfeslüsterne Rowdies ebenfalls mitmischen.
Das Schönste ist noch, daß nach der ersten Nacht alle Politiker die Sache
natürlich "scharf" verurteilten, doch zu weiteren Handlungen war man nicht
bereit. Die Quittung folgte dann in der zweiten Nacht: Vollkommenes Chaos bei
der Polizei, ein paar Eingeschlossene Menschen können nicht aus einem bren
nenden Gebäude geholt werden, da die Feuerwehr einfach nicht an das Haus he
rankommt und wegen der massiven Angriffe auf sie wieder umkehren muß.
Die CDU hat jetzt natürlich gut lachen. Sagte sie doch schon immer, ohne
eine Grundgesetzänderung käme man nicht gegen den unkontrollierten Zustrom
von Ausländern an. Die SPD zieht nach einigen Beratungen den Schwanz ein und
stimmt mehr oder weniger freundlich nun zu. Frage ist aber, ob die CDU die
Geschichte nicht absichtlich ein bißchen hat schlüren lassen, um die geplante
Änderung des GG durchzubringen. Nun ist man aber in einer etwas prekären Si
tuation: Ändert man jetzt doch das GG, so fühlen sich doch alle Rechten bes
tätigt. Hatte man doch erst "Druck" machen müssen, damit einige Taten folgen.
Die Situation darf aber nicht aus den Fugen geraten, sonst kommen noch einige
Linke und meinen, sie müßten erst gegen ein paar AKWs demonstrieren und diese
dann anstecken, damit sie abgeschafft werden. Das darf einfach nicht passie
ren.
Das Ausland sieht in den neuerlichen Ausschreitungen natürlich wieder den
"braunen" Deutschen erstehen, like 1939. Wir Deutschen müssen das alte Image
"Deutsch=NAZI", das im Ausland scheinbar immer noch vorhanden ist, wieder von
neuen abbauen. Doch das scheint unmöglich zu sein, angesichts solcher Schlag
zeilen wie "Die Hunnen sind zurück" oder "Alle 40 Jahre kommen sie wieder"
der englischen Boulevardpresse. Doch das Asylbewerberproblem, das nicht nur
in Deutschland existiert, wird immer nur uns zugeschoben. Erst wenn man in
Nachbars Garten schaut, sieht man doch, wie gut es einem eigentlich geht...
[MAB]
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